Hallo Forum,
leider ist die Sonne schon untergegangen, doch weil der 25. Dezember dieses Jahr auf einen Sonntag stattfand, möchte ich gerne damit anfangen, jeden Sonntag etwas zu der Sonnengottheit zu schreiben oder zu teilen.
Der Sonntag gilt uns als christlicher Ruhetag und ohne den Christen hätte Kaiser Konstantin diesen Tag auch sicherlich nicht zum offiziellen Ruhetag gemacht. Allerdings nicht nur wegen der Christen, sondern auch für die Heiden, von denen viele Sonnenanbeter waren (jedenfalls am Kaiserhof), sodass der Sonntag die Heiden und Christen einte. Der ursprüngliche Ruhetag der Juden war (und blieb) der Samstag, doch die Christen gedachten am ersten Wochentag (dem Sonntag) das Abendmal ihres Herrn Jesus Christus.
Der Sonnenkult war aber eben auch bei den Heiden populär. Seit ca. 275 nach Christus (also relativ spät) feierte man auch den Geburtstag der Sonne, der vorher zwar berechnet, aber nicht groß festlich begangen wurde (die Römer feierten vom 17. Dezember bis zum 23./30. Dezember ihr Saturnalienfest).
Den Anfang möchte ich machen mit dem Hymnos an den Sonnengott von Proklos, einem Neuplatonisten aus Lydien (Türkei) aus dem 5. oder 6. Jahrhundert, also fast schon aus dem Frühmittelalter, der den alten Göttern treu blieb. Frei Übersetzung aus dem Altgriechischen (und Englischen) von mir:
[marks]König des geistlichen Feuers, mit Deinen goldenen Zügeln in den Händen,
Höre mich an, Herrscher des Lichts, der uns des Lebens Quell‘ erschließt,
Unerschütterliches Gesetz wahrt im Reich der Materie,
Du, der Du hoch oben aus Deinem Wagen unter allen Deine Schätze verteilst,
Höre mich an! In der Mitte hast Du, hoch über dem Äther, Deinen Sitz,
Dein lichtspendender Kreis ist das strahlende Herz der Welt,
Geisterquickend füllt Deine Vorsehung alles, was da ist.
Und die Wandersterne, mit den von Dir geschenkten Feuern als Gürtel,
Stürzen in unermüdlichem und unablässigem Reigen
Lebensspendende Tropfen, den Irdischen zum Segen.
Das ganze Geschlecht der Jahreszeiten erwacht nach ewigen Gesetzen erneut,
Gerade so wie Dein Gespann sich in stetiger Wiederkehr zeigt.
Dieser ganze entsetzliche Kampf zwischen dem einen und dem anderen Element
Legte sich, sobald Dein leuchtender Kreis sich zeigte.
Sogar die drei Schicksalsgöttinnen schonen Dich
Und, so es Dein Wille ist, ändern sie die Richtung ihres Gespinst.
Von Dir stammt der Apoll, der götterentzückende Sänger,
König der Leier, der, die Saiten in wundersamen Klängen spielend,
Des mühseligen Werdens Wogen in den Schlaf wiegt.
Dein Sohn auch ist der Gott der Heilkunst, freundlich ob seiner Gaben,
Abwehr des Bösen und stetig der Gesundheit Segen verteilend,
Füllt er mit Harmonie, die das Leid zum Schweigen bringt, die Welt.
Dich verherrlichen die Menschen als ruhmreichen Vater des Bacchus.
Dich, in den Tiefen der Wälder, als Attis, Gott der Verzückung.
Andere huldigen Dir in ihren Liedern als den schönen Adonis.
Angst vor Deiner Peitsche erfüllt, sobald Du sie drohend erhebst,
Das Heer der bösen Dämonen, die die Menschheit Unglück bringen,
Uns Leid zufügen und unsere Seele tief betrüben, sodass wir
Immer weiter auf den Wogen des schwer vorwärts treibenden Lebens
Arbeiten, vom Leibe schwer, töricht nach dem Joch des Zwangs verlangend
Und die allstrahlende Halle des thronenden Vaters vergessend.
Jedoch, Du Hervorragendster aller Götter, Glückseliger, mit einem Kranz aus Feuer,
Abbild des Schöpfers aller Ding, der Du unsere Seelen empor trägst,
Höre mich an und reinige mich, Herrscher, gnädig jeglicher Sünde,
Nimm mein Gebet an, dass ich hier spreche, tränenüberströmt;
Bitte, behüte mich vor Strafe und mildere, voller Erbarmung,
Das alles erblickende Auge der strengen Rachegöttin!
Mögest Du mir auch weiterhin beistehen und Unglück weit von mir halten,
Und meiner Seele das Reine Licht, das Alleserquickende, schenken!
Treibe weit von mir den Nebel, der den Sterblichen Unheil bringt!
Schenke meinen Gliedern erquickend die segenreiche Gesundheit!
Lasse mich zu Ehren kommen, die meinen Vätern würdig sind,
Lasse mich auch der Musen, der Schöngelockten, Gunst erwerben!
Bin ich in meiner Frömmigkeit aufrichtig, so schenke mir doch ewigen Wohlstand,
Gerade so, wie Du, Herrscher, es möchtest, denn Du kannst alles vollbringen;
Kraft ist schließlich Dir zu eigen, Kraft, die keine Grenzen kennt.
Sollte durch die wirbelnden Spulen des ewig drohenden Geschicks
Und, vom Laufe der Sterne bestimmt, mir ein Unheil bevorstehen,
So wehre Du selbst es von mir ab – Deine Kraft übersteigt alles![/marks]
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