Hier mal ein bisschen Input zum Handfasting aus historischer Sicht. Was jeder Einzelne damit macht ist mir Wumpe.
Bei den Angelsachsen beschrieb der Begriff "handfasting" eigentlich einen "Vertragsabschluss durch Handschlag" (altnordisch "handfesta", selbe Bedeutung), in dieser Form kommt es auch in spätaltenglischen Texten des 12. und 13. Jahrhunderts vor, häufig (aber nicht ausschließlich) als Ehevertrag. Im Niederländischen wird "Handvest" auch heute noch für jede Art von Handelsvertrag genutzt.
Im Falle eines Ehevertrages regelte es u.A. die Verpflichtungen der beteiligten Sippen gegenüber einander sowie Morgengabe und Mitgift und legte so auch fest, was die einzelnen Ehepartener mit in den Hausstand brachten.
Der Handschlag fand aber nicht zwischen den Eheleuten statt, sondern wurde vom jeweiligen Familienoberhaupt geleistet, da die Ehe auch als ein Wirtschaftsbündnis zweier Familien gesehen wurde.
Das Handfasting war bindend, sofort gültig sowie rechtskräftig und wurde daher oft unter Anwesenheit von Zeugen geleistet, um späteren Rechtstreitigkeiten vorzubeugen.
Mit dem 51. Canon des vierten Laterankonzils wurden solche als "geheim" geltenden Clanehen verboten und Vermählungen mussten frühzeitig (meist einen Monat vor der Trauung) öffentlich bekanntgegeben und daruafhin ebenso öffentlich abgehalten werden. Es bürgerte sich über die Jahrhunderte ein, dass das "Handfasting" (nun in Form von Treuegelöbnissen des Brautpaares während sie sich an den Händen halten) aufgrund seines ehemals bindenden Charakters auch direkt an Ort und Stelle der öffentlichen Verkündung als gültiger Eheschluß verbucht wurde.
Ab dem 17. Jahrhundert war allerdings die Anwesenheit eines Priesters Pflicht, womit das eigentliche Handfasting (also die Verhandlung zwischen den Familien) als Eheschließung seine Rechtswirksamkeit endgültig verlor und stattdessen einen Status erhielt, der unserer heutigen Verlobung gleich kommt.
Die moderne Praxis, die Hände des Brautpaares während der Eheleite zusammenzubinden stammt aus dem ukrainischen Volksbrauchtum, das mittlerweile in der ukrainisch griechisch-katholischen und der ukrainisch-orthodoxen Kirche aufgegangen ist.
Während der kirchlichen Trauung halten sich Braut und Bräutigam an der Hand, welche daraufhin mit einem Ruschnyk (weißes, rotbesticktes Tuch) umwickelt wird, um ihre Einheit zu symbolisieren. So verbunden führt ein Priester sie dreimal um den sogenannten Tetrapoden, einen kleinen mobilen Altar. Dies steht für den langen gemeinsamen Weg zusammen unter der Führung Jesu, die Dreizahl weist auf die heilige Dreifaltigkeit.
Es wird zwar ein vorchristlicher Brauch als Wurzel angenommen, allerdings tauchte dieser, wenn, dann nur auf dem Gebiet der heutigen Ukraine auf.
http://www.weddingsatsoyuzivka.com/traditions.html
In den 1960er Jahren übertrug man dann im Celtoi und Wicca die Bezeichnung "Handfasting" auf diesen ukrainischen Ritus und "bereinigte" den Ablauf von christlicher Symbolik (um zum Anlass einer Hochzeit mangels Überlieferung nicht leer ausgehen zu müssen) und spätestens ab den 2000er Jahren entdeckten die Weddung-Planer das ganze als super Alternativ-Hochzeit für sich. Sucht man auf Google beispielsweise nach "marriage binding hands" lautet das Top Ergebnis wie folgt:
Zitat von www.brides.comHandfasting is an ancient Celtic ritual in which the hands are tied together to symbolize the binding of two lives. While it is most often included in Wiccan or Pagan ceremonies, it has become more mainstream and pops up in both religious and secular vows and readings.
https://www.brides.com/story/h…ting-wedding-ceremony-101
Soweit zum Kontext.
Man beachte die Gleichung: Germanischer Vertrag + slavisch-christliches Brauchtum = uraltes keltisches Ritual
Da wird dann auch gleich ein angeblicher Ursprung im prähistorischen Irland propagiert, 7000 vor Christi Geburt, ohne auch nur einen einzigen Beleg dafür anführen zu können, wahrscheinlich weil man damit sehr schön den Markt der so zahlreichen Irish-Americans erschließen kann. Erinnert mich an den mittelalterlichen Reliquienhandel: Was alt ist, verkauft sich gut... auch wenn der Heilige dann 3 Köpfe, 6 Schienbeine und pro Hand je 5 Daumen hatte.