Da ich in letzter Zeit viele Gäste in Themen über die Wahl der Edda-Übersetzung gesehen habe, es dazu aber x Themen mit ein paar Fetzen gibt, dachte ich mir, dass ich einfach mal einen Thread eröffne, in den Passagen der jeweiligen Übersetzungen rein gesetzt werden können, damit man sie ganz einfach vergleichen kann.
Ich habe 6 Übersetzungen von denen ich jeweils die selbe Stelle der Völuspa unten einstelle (Strophenzählung kann variieren). Falls jemand noch andere Übersetzungen kennt (vielleicht auch englische) wäre es natürlich sinnvoll die selbe Stelle hier einzustellen, damit man adäquat vergleichen kann.
So kann dann jeder selbst entscheiden welche Übersetzung ihm am besten liegt.
Ich stelle den Thread mal unter Anfängerfragen, wenn es einen besseren Platz gibt ( wo ihn "Neulinge" besser sehen) kann er gerne verschoben werden.
Die Übersetzungen sind chronologisch geordnet
Völuspa: Widar vs Fenrir, Thor vs Jörmungand, Verdunkelung des Himmels, Garm (sofern vorhanden)
Karl Simrock (1802-1876):
54
Nicht säumt Siegvaters erhabener Sohn
Mit dem Leichenwolf, Widar, zu fechten:
Er stößt dem Hwedrungssohn den Stahl ins Herz
Durch gähnenden Rachen: so rächt er den Vater
55
Da kommt geschritten Hlodyns schöner Erbe,
Wider den Wurm wendet sich Odins Sohn.
Mutig trifft ihn Midgards Segner
Doch fährt neun Fuß weit Flörgyns Sohn
Weg von der Natter, die nichts erschrekte.
Alle Wesen müssen die Weltstatt räumen.
56
Schwarz wird die Sonne, die Erde sinkt ins Meer,
Vom Himmel schwinden die heiteren Sterne:
Glutwirbel umwühlen den allnährenden Weltbaum,
Die heiße Lohe bleckt den Himmel.
Wilhelm Jordan (1819-1904):
51
Doch der große Sohn Des Vaters der Siege,
Widar, erlegt Den Leichenwolf.
Auf den Riesenzögling zückt seine Rechte
Den Stahl, und sein Stoß Durchsticht ihm das Herz.
So rächt er tapfer Den Tod des Vaters.
52
Dann kommt der Lodyn Erlauchter Sprosse
Von Odin gegangen, Dem Wurm zu begegnen.
Der mächtige Hort Des Gartens der Mitte.
Zielt und trifft Mit zornigem Streiche.
Doch sie fürchtet den Schlag nicht. Er fällt vor der Schlange.
Neun Schritte springt Der Sprössling Fiögyns
Zurück -: nun müssen die Menschen alle
Den Wohnsitz der Welt Entweichend Räumen.
53
Die Sonne verschwält Und beginnt sich zu schwärzen,
Die Erde sinkt in die See hinunter,
Am Himmel erlöschen Die leuchtenden Sterne;
Die Lohe umwütet Den Lebensbewahrer
Bis zum Himmel leckt Die lodernde Glut
Hugo Gering (1847-1925):
Widar kommt dann, Walvaters Sohn,
der gewaltige Held, mit dem Wolf zu kämpfen:
Die Klinge stößt er dem Kinde des Riesen
durch den Rachen ins Herz und Rächt den Vater.
Auch Hlodyns Sohn, der herrliche, kommt dann;
die Erdumschlingerin öffnet gähnend
den weiten Schlund bis zur Wölbung des Himmels -
doch Odins Sohn geht dem Untier entgegen.
Seiner Wut erliegt der Weltenbeschützer;
alle Leute müssen verlassen die Heimat;
es fährt neun Schritte Fjorgyns Sohn
vor der Schlange zurück, die nicht scheut den Frevel.
Die Sonne wird schwarz, es sinkt die Erde ins Meer,
vom Himmel fallen die hellen Sterne;
es sprüht der Dampf und der Spender des Lebens,
den Himmel beleckt die heiße Lohe.
Garm bellt jetzt laut vor Gnipahellir,
es reißt die Fessel, es rennt der Wolf!
Viel Weisheit hab ich, kann weiter schauen
auf das grimme Schicksal, das den Göttern naht.
Felix Genzmer (1878-1959):
46
Der starke Sohn Siegvaters kommt,
Widar, zum Kampf mit dem Waltiere:
es stößt seine Hand den Stahl ins Herz
dem Riesensohn; so rächt er Odin.
47
Der here Sproß der Hlodyn naht.
Der Lande Gürtel gähnt zum Himmel:
Gluten sprüht er, und Gift speit er;
entgegen geht der Gott dem Wurm.
48
Der Erde Schirmer schlägt ihn voll Zorn
- die Menschen müssen Midgard räumen-;
weg geht wankend vom Wurm neun Schritt
der Gefecht nicht floh, der Fjögyn Sohn.
49
Die Sonne verlischt das Land sinkt ins Meer;
vom Himmel stürzen die heiteren Sterne.
Lohe umtost den Lebensnährer;
hohe Hitze steigt Himmelan
50
Gellend heult Garm vor Gnipahellir:
es reißt die Fessel, es rennt der Wolf.
Vieles weiß ich, Fernes schau ich:
der Rater Schicksal, der Schlachtgötter Sturz
Arthur Häny (1924-2019) :
55
Da kommt der mächtige Sohn Sigvaters,
Widar, wider den Wolf zu Kämpfen;
er stößt mit den Händen Lokis Sohne
das Schwert in das Herz - und gerächt ist der Vater!
56
Da kommt der ruhmreiche Sohn der Fjörgyn,
der Odinssproß geht los auf die Schlange;
der Wächter der Welt schlägt zu im Zorne;
die Menschen alle räumen die Heimstatt;
neun Schritte tritt er zurück von der Schlange,
zu Tode matt, doch unbescholten
57
Die Sonne wird Schwarz, Land sinkt ins Meer,
es stürzen vom Himmel die strahlenden Sterne;
es rast der Brandrauch wider das Feuer;
die lodernde Lohe spielt hoch in den Himmel.
58
Laut heult der Wolf vor Gnipahellir;
es reißt die Fessel, es rennt der Wolf;
weit ist mein Wissen, weithin erkenn ich
der siegreichen Götter schlimmes Geschick.
Arnulf Krause (*1955):
55
Da kommt der starke Sohn Siegvaters,
Widarr, um gegen das Waltier zu kämpfen;
er lässt dem Sohn Hwedrungs seine Hand mit dem Schwert
ins Herz stechen; da ist der Vater gerächt.
56
Da kommt der berühmte Sohn der Hlödyn,
geht Odins Sohn, mit dem Untier zu kämpfen;
voll Zorn schlägt zu Midgards Beschützer,
alle Menschen müssen ihre Heimstatt verlassen,
neun Fuß geht Fjörgyns Sohn
sterbend von der Schlange, des Tadels frei.
57
Die Sonne verdunkelt sich, das Land versinkt im Meer,
vom Himmel stürzen die hellen Sterne;
es wüten Feuer und Rauch,
große Hitze steigt selbst bis zum Himmel empor.
58
Garm heult nun laut vor Gnipahellir,
die Fessel wird reißen, der Wolf rennen;
viel Kunde weiß sie, weiter seh ich vorraus
das gewaltige Ragnarök der Kampfgötter.