Ich studiere in Tübingen und bin dieses Wochenende mal wieder heim, an den Rand des Schwarzwalds, gefahren. Heute morgen waren meine Eltern und meine Schwester bei einem Schulfest, ich hatte aber keine Lust mitzugehen. Ich saß dann also allein daheim und langweilte mich recht bald. Ein Blick aus dem Fenster zeigte, dass dichter Nebel über dem Dorf hing, eine Menge Wasser tropfte von den Bäumen und kleine Eisbrocken fielen von den Ästen (obwohl es in letzter Zeit nicht geschneit hat), der Boden war aufgeweicht und matschig und die Temperatur war knapp über dem Gefrierpunkt. Kurz gesagt: Genau das richtige Wetter für einen Spaziergang.
Ich zog also meine Jacke an und ging hinaus. Es war eigentlich sogar ganz angenehm, die feuchte, frische Luft tat in der Lunge gut und aufgrund der Windstille habe ich auch nicht gefroren. Auf den wenigen hundert Metern bis zum Rand des Dorfes begegnete mir kein Mensch, kein Wunder bei dem Wetter, nur im Garten des letzten Hauses vor dem Waldesrand rechte eine Frau Laub auf einen Haufen. Im Wald war es durch den Nebel eigentlich sehr schön und mystisch, aber die vielen gefällten Bäume, Schneisen im ehemals dichten Wald und die Spuren der großen Maschinen der Waldarbeiter, die hier in den letzten Wochen arbeiteten, gaben ein seltsames Bild ab. Diese Spur der Zerstörung zog sich, auf beiden Seiten des Weges, die nächsten paar hundert Meter hin. Als ich schließlich den Waldweg verließ, änderte sich dieser Anblick nicht. Ganz in der nähe des Steinkreises, den ich mit Svan im Sommer errichtete, wir haben ihn aber bis zum heutigen Tage nicht fertig gestellt oder geweiht, war sogar ein alter Jägerstand umgestürzt. Ob von Menschenhand oder ob das morsche Holz von alleine in sich zusammenfiel konnte ich nicht feststellen.
Als ich an den jungen Nadelbäumen, die dort stehen, vorbeikam, sah ich gerade noch wie ein großer Hase aus dem Steinkreis heraus rannte und im Unterholz verschwand. Ein Zeichen der Götter? Es ist ja nicht sehr wahrscheinlich, dass ein Tier genau in dem Moment in dem ich es sehen kann in dem Steinkreis hockt, der nur wenige Quadratmeter groß ist. "Die Grenzen zwischen den Welten sind im Nebel besonders fließend", dachte ich und sah mir die Umgebung genauer an. In dem Teil des Waldes den man vom Steinkreis aus sehen kann war kein einziger Baum gefällt, was mich sehr freute und angesichts der bisherigen Zerstörungen ein wenig wunderte. Ich schaute mir den Steinkreis an, der sich kaum von der Umgebung abhob da überall gelbe Laubblätter herumlagen, die exakt die Farbe der Steine hatten. Auch ein wenig seltsam. Innerhalb und außerhalb des Kreises wuchsen eine Menge Pilze, bei meinem letzten Besuch, der zugegebenermaßen schon eine Weile her ist, habe ich keinen einzigen gesehen.
Ich stellte mich also in den Steinkreis und dachte ein wenig über mein Leben nach. Ich erinnerte mich daran, dass ich mir immer vorgenommen habe, die Götter ein wenig mehr zu ehren. Ich beging die Jahreskreisfeste eigentlich nie, kleine Blots alleine oder ähnliches machte ich nicht und ich hatte auch keinen wirklichen Anschluss an eine aktive Heidengemeinschaft. Schon seit Jahren nehme ich mir immer wieder vor das zu ändern. Aber ich musste feststellen, dass sich daran in letzter Zeit gar nichts geändert hat. Man muss nicht nur wollen, sondern auch etwas tun. Das wurde mir klar. Ich verließ den Steinkreis und machte mich auf den Heimweg. Nach ca. 10 Metern sah ich direkt vor mir 3 schwarze Federn auf dem Waldboden. Alle drei auf einem Fleck. Sie waren nicht schön, sondern nass, klein und zerrupft. Ich habe sie mitgenommen und sie liegen jetzt auf meinem Schreibtisch, da ich nicht weiß was ich mit ihnen anfangen soll.
Was das alles bedeuten könnte weiß ich nicht. Es ist auch keine allzu spektakuläre Geschichte, aber ich wollte sie euch dennoch erzählen, hoffentlich findet der ein oder andere sie ja doch interessant