Einmal zur Klarstellung, weil hier ein falscher Ton in die Diskussion gekommen ist. Ich bin keinesfalls der Meinung, dass das Leben in Rom einer Kuschelecke gleichkam. Das trifft selbst auf den Themenbereich der Kulte zu, wenn auch die einfachen Römer dann und wann einen lockeren Umgang mit den Göttern pflegten, der zwischen Schimpftiraden bis hin zu Kusshänden schwankte.
Der Alltag war von harter Arbeit geprägt und allein in der Stadt die Mieten aufzubringen war nicht einfach. Es gab sagenhaften Reichtum aber auch bitterste Armut. Dies war, in Erinnerung an das Thema des Threads, auch ein Punkt wo die Christen mit ihrem Heilsversprechen und der damit verbundenen Hoffnung Gehör fanden. Besonders bei den armen Schichten, welche die Mehrheit der Bevölkerung ausmachten.
@Ulfberth, mit dem Vorwurf der ideologischen Diskussion muss man vorsichtig umgehen. Vor allem wegen deines Beispiels mit dem Stein der Kybele. Nicht Ereignisse richten sich nach persönlichen Annahmen, sondern nur was gesichert ist, kann als Fakt eingestuft werden.
Ich rechne Dir hoch an, dass Du nun selber geschrieben hast, dass es keinen Beweis für einen Raub des Steins gab. Doch was dann verlässt Du den Boden der Sachlichkeit und versuchst es mit Suggestion, dass es doch nicht anders gewesen sein kann, als mit Zwang, (garniert mit einen Smiley, nette Idee):
Wie der Stein beschafft wurde ist nicht überliefert, wahrscheinlich ist die römische Delegation mit dem Heer von Pergamon nach Pessinus gewandert und dort hat man ihnen dann auf freundliche Bitte eines der größten Heiligtümer der östlichen Mittelmeerwelt einfach so überlassen.
Auf solche theoretische Diskussionen und den Versuch alles ins Lächerliche zu ziehen, lasse ich mich nicht ein. Nicht umsonst mache ich um Herrn von Däniken und seinen Werken einen großen Bogen. Spekulationen sind nicht mein Feld, daher vertiefe ich deine wohl hoffentlich nicht ganz ernstgemeinte These nicht weiter und bleibe bei den Fakten. Nur weil man sich vorstellt, dass etwas in gewisser Weise abgelaufen sein könnte, muss dies noch lange nicht den Tatsachen entsprechen.
Ich hätte Dir zugestimmt, wenn Du dich mit der restriktiven Religionspolitik nur auf den Staatskult bezogen hättest. Dazu habe ich bereits in einem Beitrag weiter oben etwas geschrieben, über die Erwartungshaltung und warum dies so war. Daher möchte ich mich jetzt nicht wiederholen.
Einer allgemein restriktiven Religionspolitik widerspreche ich aber, was kein Angriff auf deine Person ist oder auf deine Integrität. Also ruhig Blut, denn sowas hast Du nicht nötig, bei deinem umfangreichen Wissen.
Das Thema des Threads ist, wie das Christentum es schaffte das germanische Heidentum zu verdrängen, wobei es andere Heiden gleichermaßen traf. Bei meiner ersten Äußerung hatte ich dieses Thema im Hinterkopf und in diesem Zusammenhang sah ich auch deinen Beitrag.
Restriktiv ging dann später das Christentum vor. Man wollte andere Kulte und Religionen ausmerzen, dem Vergessen anheimfallen lassen, sich als einzig wahre Religion etablieren. In der Spitze führte dies zu Religionskriegen, die man historisch aber auch richtig einordnen muss (weil da wird viel Unsinn erzählt und geschrieben). Das haben die Römer so nicht gehalten. Auch zeitweise Verbote, wie Du sie anführst, können nicht als dauerhafte Regel geltend gemacht werden. Natürlich gab es die Verfolgung von Christen, eine Katastrophe für die Betroffenen. Aber auch sie wurden nicht prinzipiell und jederzeit verfolgt. Angeordnet wurden z.B. mehrere reichsweite Verfolgungen, aber in die Praxis nicht umgesetzt. Die Durchführung der Verfolgung erfolgte regional, nicht flächendeckend. Über die Gründe müsste man einen eigene Thread aufmachen, aber menschlich war das natürlich schlimm.
Ich stimme dir auch bei den Plünderungen von Heiligtümern zu. Diese hat es gegeben, und dabei sind viele Weihegaben, Insignien, Statuen etc. entwendet worden.
Dafür sehe ich aber keine restriktive Religionspolitik als Grund, denn es fehlen die stetigen Anzeichen für den Versuch, damit den eigenen Kult durchzusetzen, anderen aufzudrücken bzw. einen anderen Kult auszulöschen. Daher weise ich noch einmal auf die bereits mehrfach von einigen Usern aufgezählte Geldgier hin. In die gleiche Richtung geht auch der Titel des von Dir eingestellten Beitrages, der da lautet: Kunstraub in der Antike. Es ging um Besitz. Viele Beispiele stehen in diesem Beitrag, auch der Frevel einiger Kaiser. Wer andere Kulte unterdrücken will bewahrt nicht, sondern vernichtet, wobei im Kriege sicher auch Heiligtümer zerstört wurden. Auch da stimme ich Dir zu.
Ansonsten hat Iwan Dummerjan, der ebenfalls über ein breites Wissen verfügt und den ich sehr schätze, den Nagel auf den Kopf getroffen. Es wurden auch Gottheiten und Kulte integriert und gehörten dann dazu. Das spricht nicht für eine ähnlich restriktive Vorgehensweise wie das Christentum.
Abschließend möchte ich feststellen, dass wir nicht unsere Werte zur Bemessung der Menschen in der Antike heranziehen können. Die damalige Bildung der Menschen war eine völlig andere, sie besaßen einen anderen Wertehintergrund, machten andere Erfahrungen. Um eine faire Beurteilung vorzunehmen ist es notwendig, sich in ihre Lage zu versetzen. Dies versuche ich nach besten Wissen und Gewissen. Vielleicht bin ich dadurch etwas nachsichtiger, aber ich bin davon überzeugt, dass dies ein guter Weg ist, um historische Vorgänge zu verstehen.
Etwas enttäuscht bin ich über die knappe Antwort zu meiner Frage, welchen politischen Einfluss die Priester bei den Germanen hatten. Ist da nicht mehr überliefert? Nicht jeder Priester wird auch gleich Stammesfürst gewesen sein. War Religion und weltliche Macht, mal von Amtsüberschneidungen abgesehen, getrennt? Was ist überliefert, was hat die Forschung dazu herausgefunden? Wie reagierten die germanischen Priester argumentativ auf die christlichen Missionare? Das ist doch euer Glaubensfeld. Ich bin ganz gespannt darauf, darüber mehr zu erfahren.